Uwe Nettelbeck
Keine Ahnung von Kunst und wenig vom Geschäft
Filmkritik 1963–1968

Dieser Filmkritiker verlor sein Herz im Bahnhofskino. Seine Liebe galt nicht nur der anerkannten Filmkunst, sondern den Western, Krimis, Komödien und wieder den Western. In ihnen entdeckte er Witz, Eleganz, Schönheit. Er schwänzte die Sonntagsmatinee und schaute sich dafür Will Tremper oder Sam Peckinpah oder Sergio Leone an. Und als er sich Jean-Luc Godard oder Stanley Kubrick zuwandte, mussten sie sich schon an Budd Boetticher oder Anthony Mann messen lassen. Kein Freund von Politfilmen, die ihre Thesen wie Transparente vor sich hertragen, sah er von Anfang an den Film, gerade auch den scheinbar trivialen, als Teil und Akteur gesellschaftlicher Umbrüche und politischer Auseinandersetzungen. Uwe Nettelbeck wurde zum streitbaren Verteidiger derer, die sich damals in Deutschland dem kulturellen Establishment entgegenstellten: Hellmuth Costard, Vlado Kristl, Martin Müller, Jean-Marie Straub. Er griff in scharfen Polemiken die Filmzensur an. Nettelbeck feilte geduldig an einer Sprache, die die Bilder begleitet, ohne sich ihnen gemein zu machen. Er schrieb »Aufsätze von solcher Anschaulichkeit, Wahrnehmungsschärfe und Reflexionsdichte, wie sie auf späteren Kulturseiten nie mehr zu lesen waren. ... Walter Benjamins Ideal einer ›analytischen Deskription‹ erfüllte sich in Nettelbecks besten Texten. « (Peter von Becker, Tagesspiegel). Seine legendären Filmkritiken liegen nun zum ersten Mal in einer Auswahl vor.

 

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DIE AUTOREN

 

Uwe Nettelbeck, 1940–2007, war einer der brillantesten und bestgehassten Journalisten der sechziger Jahre. Er brach 1969 mit dem Journalismus, produzierte bis 1975 die Gruppe Faust und gründete danach mit Petra Nettelbeck, seiner Frau, die literarische Zeitschrift Die Republik. Seine schriftstellerischen Arbeiten der letzten Jahrzehnte sind erratische Blöcke, ungehobene Schätze.

 

Sandra Nettelbeck, 1966 geboren, eine Tochter des Schriftstellers, ist Drehbuchautorin und Regisseurin von Spielfilmen. Mit ihrem ersten Kinofilm Bella Martha wurde sie 2002 international bekannt. 2005 folgte Sergeant Pepper. 2009 verfilmte sie in Kanada ihr erstes englischsprachiges Drehbuch Helen als internationalen Kinofilm.

 

 

PRESSESTIMMEN

 

 

»Uwe Nettelbecks Filmkritiken haben Qualitäten, die dem Rezensionsfeuilleton gewöhnlich abgehen. Allein das einfache Abschreiben des Films, der Handlung und der Dialoge, ist so sensibel, dass man die Filme, obwohl man sie doch gerade nach der Lektüre so gerne wieder oder überhaupt mal sehen möchte, sich eben nicht mehr zu sehen traut aus Angst, sie überdeckten die Bilder der durch Nettelbeck animierten eigenen Vorstellungen.«

Philipp Goll, Die Tageszeitung

 

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»Es ist ein Vademecum, winters ohne weiteres in der Manteltasche zu tragen, ein jederzeit greifbares Zeugnis, das an den wortgewaltigsten Fan erinnert, den das Kino in Deutschland nach dem Krieg hatte, einen Kritiker, der alles konnte außer Propaganda fürs laufende Programm.«

Willi Winkler, Süddeutsche Zeitung

 

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»Es handelt sich um präzise, blendend formulierte und gern auch polemische Texte über das aktuelle Kino dieser Jahre (von „James Bond“ über Kubrick und Godard bis zum neuen deutschen Film) und die Abgründe der bundesdeutschen Filmkultur: „Wenn schon das Kunstwerk zur Ware gemacht werden muss, sollte man es wenigstens verkaufen können.“«

Falter

 

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»Seine Sätze haben nichts von ihren granitenen Schimmer verloren, sie sind Verfassungsartikel einer Republik des Kinos, die in den 80er Jahren untergegangen ist, wenn sie je richtig existierte – „Autorenfilm“ ist ein zu kurzes Wort dafür, schließlich ging es auch um eine Art des Denkens und Lebens, einen Ernst, der nicht auf das Filmemachen beschränkt sein sollte. (...) Mit ihm fing alles an in der Filmkritik bei der Zeit, die Haltung, die Sprache, der Blick, die Form. (...) Mit Nettelbeck wurde die Filmkritik politisch und damit erst wirklich ästhetisch, ihr Gegenstand vom Amüsement für Gentlemen in den Rang einer Kunst erhoben.«

Andreas Kilb, CARGO - Film/Medien/Kultur

 

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»Wie frisch und zeitlos Sprache sein kann, zeigt sich in der bei Philo Fine Arts erschienenen Sammlung von Uwe Nettelbecks Filmkritiken. „Keine Ahnung von Kunst und wenig vom Geschäft“ kompiliert die von Nettelbeck von 1963 bis 1968 überwiegend für „Die Zeit“ geschriebenen Filmrezensionen. (...) Wie liebevoll und präzise er mit diesen Filmen auch umgeht, so gnadenlos konnte er aber auch mit effekthascherischen Filmen abrechnen, weil er die kulturindustriellen Produktions- und Arbeitsbedingungen nie außer Acht lässt.«

Pascal Jurt, Opak

 

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»(Uwe Nettelbeck) war der radikale, originelle Sinnstifter und Leinwand-Philosoph, der sich über Losys „Blow Up“ („Bei Vergrößerung Mord“) verblüffende Gedanken machte und den Mainstream-Quark, den die Kritikerkollegen zu Ehren von Alexander Kluge oder auch Pasolini anrührten, als Dilettanten-Gequatsche entlarvte. (...) Dieser kleine, hübsche Band „Keine Ahnung …“ ist übrigens nicht nur literarisch eine Kostbarkeit, er ist auch so liebevoll hergestellt, dass jeder Bibliophile ihn erwerben oder zu Weihnachten verschenken sollte!!!«

Peter Münder, CULTurMAG

 

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Uwe Nettelbeck
Keine Ahnung von Kunst und wenig vom Geschäft
Filmkritik 1963–1968

FUNDUS Band 196

herausgegeben von Sandra Nettelbeck

320 Seiten

gebunden mit Lesebändchen, € 16

ISBN: 978-3-86572-660-5
€ 16,00
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