Helmut Salzinger
Best of Jonas Überohr
Popkritik 1966–1982

Helmut Salzingers ästhetische und gesellschaftspolitische Positionen sind bis zur Mitte der siebziger Jahre in einem steten Fluss. Vom wohlwollenden Beobachter und Interpreten der sich profilierenden Pop- und Protestkultur in den sechziger Jahren entwickelt er sich zum engagierten Fürsprecher der »Yippies« – jener unorthodoxen hedonistischen Linken, die kulturrevolutionäre Programmatik mit einer »psychedelischen Lebensweise« verschmolzen wissen wollte –, um schließlich ganz aus dem Kulturbetrieb auszusteigen und sich aufs Land zurückzuziehen. Auch bei ihm verwandelte sich die kulturrevolutionäre Euphorie allmählich in Desillusionierung. Salzinger war in diesem Punkt ein gar nicht untypischer Repräsentant seiner Zeit, allerdings wusste er seinen Sinneswandel so scharfsinnig wie kaum ein anderer Vertreter der Eskapisten-Fraktion theoretisch zu unterfüttern. Nicht zuletzt infolge der Rezeption von Carlos Castanedas esoterisch-mythopoetischen Schriften schmolz er die pro-revolutionäre Gesellschafts- in melancholisch-defätistische Zivilisationskritik mit radikalökologischem Einschlag um. Diese chronologisch geordnete Sammlung von pop- und kulturkritischen Essays und Kritiken, für deren Auswahl der Herausgeber Frank Schäfer den Nachlass gesichtet hat und die hier folglich teilweise zum ersten Mal in Buchform, teilweise überhaupt erstmals gedruckt vorliegen, lässt sich zum einen als politisch-poetologische Biografie Helmut Salzingers, zum anderen aber auch als materialreiche, meinungsfreudige (Sub-)Kulturgeschichte der sechziger und siebziger Jahre lesen.

 

Helmut Salzinger, 1935 geboren, 1993 gestorben, zum Dr. phil. promoviert mit einer Arbeit über »Eugen Gottlob Winklers künstlerische Entwicklung«, verdingte er sich ab Mitte der sechziger Jahre als Literaturkritiker u.a. für die Zeit und avancierte mit seinen Collage-Essays Rock Power (1972) und Swinging Benjamin (1973), vor allem aber mit seiner »Jonas Überohr«-Kolumne im Musikmagazin Sounds zum angesehensten und einflussreichsten Popkritiker der siebziger Jahre.

 

Frank Schäfer, 1966 geboren, Dr. phil, lebt als Schriftsteller in Braunschweig. Er schreibt u.a. im Rolling Stone, in der taz, Neuen Zürcher Zeitung, Titanic und jungen Welt über manches, meistens aber über Literatur und Popkultur.

 

 

INHALT

-The New Image. Über Pop-Art

-Über Pop-Art und europäische Kulturideologie. Über Andy Warhol

-With God on Their Side. Über Truman Capotes »Kaltblütig«

-Literatur der kleinen Schritte. Über Marcel Reich-Ranicki

-Hamburg 36, ABC-Straße.Über Hubert Fichtes »Die Palette«

-Kultur der Massen. Über Tom Wolfes »Das bonbonfarbene tangerinrotgespritzte Stromlinienbaby«

-Der Marsch aufs Pentagon. Über Norman Mailers »Heere aus der Nacht«

-Wo das Faustrecht herrscht. Über Hubert Selbys »Letzte Ausfahrt Brooklyn«

- Entdeckung Europas: »Drack is beautiful« – powerpowerpower …

-Sauber ist schmutzig. Über Christian Enzensbergers »Größerer Versuch über den Schmutz«

-Pop mit Ra-ta-ta-ta. Über Rolf Dieter Brinkmanns »Die Piloten«

-Vorläufig Sympathie für den Teufel. Über die Rolling Stones im Hyde Park

-Der E der U-Musik. Über Dieter Baackes »Beat – Die sprachlose Opposition«

-Frank Zappa

-John Mayall

-Hungrig hysterisch nackt. Über Irving Rosenthals »Schöps«

-Handzettel-Lyrik. Über Rolf Dieter Brinkmann (Hg.): »Silver Screen«

-The Grateful Dead

-Gerockt, geraubt, befreit. Über Raubpressungen

-Die Kinder des Blechtrommlers Matzerath. Über Außenseiterfiguren in deutschen Romanen

-Love and Peace und Gummiknüppel. Über das Fehmarn Open Air 1970

-Das LSD und sein Prophet. Über Timothy Learys »Politik der Ekstase«

-Abschreibearbeit. Über Andy Warhols »a«

-Delearyum: Alle gegen einen. Über Timothy Leary

-Litritscher. Über akustische Literatur

-Rock – eine kranke Sache

-Rock – keine kranke Sache

- – what’s real and what is not. Über Weltflucht

-Hungrig. Über Bob Dylan

-Subjektiv/Objektiv oder: Wer glaubt wird selig

-Ich fühle mich nicht als »Kritiker«. Über Musikkritik

-Die neue Welt – Europas Albtraum. Über Thomas Pynchons »Die Versteigerung von No. 49«

-Kommerziell progressiv?. Über Captain Beefheart u.a.

-Objektiv? – Objektiv ist der Krebs

-Vom Geschäft der Kritik

-Die Bundesbande. Über die RAF

-Jonas Ratlos: Intellektuellenbeschimpfe. Über die RAF

-Traktat über Kacke

-Für Stones-Forscher

-Im Keller von Big Pink. Über Bob Dylan

-Lehren eines amerikanischen Zauberers. Über Carlos Castaneda

-Weltgeist on the run. Über »Rock um die Uhr«

 

Helmut Salzinger
Best of Jonas Überohr
Popkritik 1966–1982

FUNDUS Band 187

herausgegeben von Frank Schäfer

350 Seiten, gebunden mit Lesebändchen

ISBN: 978-3-86572-575-2
€ 16,00
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