Tom Holert
Übergriffe
Zustände und Zuständigkeiten der Gegenwartskunst

Wer ist befugt und befähigt? Und warum? Die Kunst der Gegenwart ist ein Unternehmen der permanenten Neuordnung von Zuständigkeiten. Unter Berücksichtigung seiner eigenen Rollen im System »Gegenwartskunst« geht der Kunsthistoriker, Kulturwissenschaftler und Künstler Tom Holert solchen Verschiebungen nach. Zugleich dokumentiert die Anthologie die Verwicklungen, Abhängigkeiten und Fasziniertheiten des Autors.

 

Überzeugt, dass Reflexivität und Materialität in der Kunst seit den 1950er Jahren ebenso grundlegend verschränkt sind wie Ästhetik und Politik, untersucht Tom Holert in seinen Beiträgen, wie Kunst ihre Reichweite verändert, Formen des Wissens und Handelns beansprucht und transformiert, die lange außerhalb ihres Einzugsgebiets verortet wurden. Das deskilling der nachmodernen Kunst, der Verlust eines verbindlichen Kanons der Medien, Fragestellungen und Verfahren, hat zu einer Expansion der Themen und Methoden geführt. Entsprechend verlagerte sich die kunstkritische Diskussion von einer Erörterung der Begriffe der Kunst hin zu einer Aufzeichnung ihrer Übergriffe.

 

Der Band enthält ausgewählte, in internationalen Zeitschriften, Katalogen und Sammelbänden veröffentlichte Texte, zum Teil erstmals übersetzt, sowie Originalbeiträge aus fünfzehn Jahren kunstkritischer und kunsthistorischer Produktion. Die Texte setzen sich mit je spezifischen künstlerischen Werken und Praktiken auseinander, oft sind sie in enger Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen und Künstlern entstanden. Dabei liegt der Akzent auf monografischen Studien zu Sanja Iveković, Jeff Wall, Sarah Pierce, Stephen Prina, Josephine Pryde, Omer Fast, Candice Breitz, Mark Lewis, Danica Dakić, Bernadette Corporation, Jereon de Rijke und Willem de Rooij.

 

Tom Holert geboren 1962, ist Kunsthistoriker, Kulturwissenschaftler und Künstler in Berlin. In den 1990er Jahren war er Redakteur bei Texte zur Kunst und Mitherausgeber der Spex. Mit Mark Terkessidis gründete er 2000 das Institut for Studies in Visual Culture e. V. Holert war von 1997–1999 Professor an der Merz-Akademie, Stuttgart, und von 2006–2011 Professor an der Akademie der bildenden Künste Wien, wo er seither Honorarprofessor ist. Er ist Gründungsmitglied der Akademie der Künste der Welt sowie Autor zahlreicher Bücher.

Buchveröffentlichungen (Auswahl): Mainstream der Minderheiten. Pop in der Kontrollgesellschaft (Hg., m. Mark Terkessidis, 1996); Künstlerwissen (1998); Imagineering. Visuelle Kultur und Politik der Sichtbarkeit (Hg., 2000); Entsichert. Krieg und Massenkultur im 21. Jahrhundert (m. Mark Terkessidis, 2002); Fliehkraft. Gesellschaft in Bewegung. Von Migranten und Touristen (m. Mark Terkessidis, 2006); Marc Camille Chaimowicz: Celebration? Realife (2007); Regieren im Bildraum (2008); Das Erziehungsbild. Zur visuellen Kultur des Pädagogischen (Hg., m. Marion von Osten, 2010); Deadwood (2013); Troubling Research. Performing Knowledge in the Arts (Mithg., 2014).

Als Künstler nahm Holert u. a. an den Ausstellungen Mimétisme (Antwerpen 2007), Manifesta 7 (Trento 2008), Modernologies (Barcelona, 2009, und Warschau, 2010), 8. Gwangju Biennale (2010) und Animismus (Berlin, New York, 2012; Shenzhen, Seoul, 2013–14) teil.

 

 

PRESSESTIMMEN

 

»Kaum ein anderer Kritiker-Theoretiker in Deutschland beobachtet die allerjüngste, internationale Gegenwartskunst so aufmerksam. [...] Mit [seinen luziden Nahaufnahmen] erweist sich Holert als der herausragende Vertreter einer wissenschaftlichen fundierten Kunstkritik – jenseits tagespublizistischer Sprechblasen oder textueller Biopics.«

Ingo Arend, Deutschlandradio Kultur

 

* * *

 

»Klug gedacht, unbeeeindruckt vom Personenkult um Künstler, stets die gesellschaftlichen Bedingungen im Blick: So schreibt Tom Holert in dem neuen Band ›Übergriffe‹ über Kunst. Elf scharfsinnige Texte über zwölf Künstler, wie etwa Jeff Wall.«

Monopol – Magazin für Kunst und Leben

 

* * *

 

»Holerts – der Branche immanente – ›undisziplinäre‹ Herangehensweise, die sich aus intro- und selbstreflexivem Zugang und close reading zusammensetzt, offenbart eine äußerst luzide Zustandsbeschreibung und Kommentierung des künstlerischen Feldes und seiner bestehenden Problemlagen.«

Pascal Jurt, Spex

 

* * *

 

Interview mit Tom Holert in der Jungle World Nr. 34 vom 21. August 2014:

»Man traut der Kunst vielleicht zu viel zu«

jungle-world.com/artikel/2014/34/50456.html

 

* * *

 

»Er füllt sein stupendes philosophisches, kunsthistorisches und literarisches Wissen wie ein Kontrastmittel in das Oeuvre des jeweiligen Künslers. Wo sich Kritik oft genug ins textuelle Biopic flüchtet, erhellt er die Arbeiten so komplex und differenziert, wie man es sonst kaum liest [...].«

Ingo Arend, Die Tageszeitung (taz)

 

* * *

 

»Innerhalb der geschilderten Praktiken (bzw. übergreifend zwischen ihnen) spielt sich, und Holert legt dies mit großer interpretatorischer Verve dar, das ganze Drama ineinandergreifender bzw. komplex verzahnter Gegenwartsdiskurse ab. Ein Drama, das sich bisweilen auch anders (bzw. mit weniger Abschweifungen) inszenieren ließe – aber genau diesen Möglichkeitsraum hält der Autor durch sein abwägendes, multiperspektivisches Schreiben auch offen. Nie vermittelt er den Eindruck, die Sichtweise auf ein bestimmtes Werk sei durch den bisweilen imposanten theoretischen Apparat, den er an eine künstlerische Arbeit andockt, so auch schon erschöpft. Stets dominiert das Sentiment, die "Übergriffe", die hier stattfinden, könnten ihrer produktiven Natur nach in unterschiedlichste, ja womöglich noch ganz andere Richtungen weitergetrieben werden.

Dabei sind manche der Analysen in ihrer versierten Umsicht schwer zu toppen.«

Christian Höller, Texte zur Kunst

 

 

 

 

 

 

Tom Holert
Übergriffe
Zustände und Zuständigkeiten der Gegenwartskunst

FUNDUS Band 217

350 Seiten, zahlreiche Abbildungen

gebunden mit Lesebändchen

ISBN: 978-3-86572-688-9
€ 26,00
In den Warenkorb legen